F50: Essstörungen
Exkl.: Anorexia o. n. A. R63.0
Fütterschwierigkeiten und Betreuungsfehler R63.3
Fütterstörung im Kleinkind- und Kindesalter F98.2
Polyphagie R63.2
Im Mittelpunkt der Erkrankungsgruppe der Essstörungen steht die Nahrungsaufnahme. Essgestörte haben ein krankhaftes Verhältnis zum Thema Ernährung, wobei es aber nicht um ungesunde Ernährungsweisen geht. Vielmehr haben Menschen, die unter Essstörungen leiden, ein krankhaftes Verhältnis zu ihrem Essenverhalten, ihrem Körpergewicht, ihrem eigenen Körper und ihrer Körperwahrnehmung. Von Essstörungen sind hauptsächlich Mädchen beziehungsweise junge Frauen betroffen. Aber auch Jungen oder Männer können erkranken.
Die „bekanntesten“ Essstörungen sind die Magersucht und die Ess-Brechsucht. Bei der Anorexia nervosa, der Magersucht, und der Bulimia nervosa, der Ess-Brechsucht, fühlen sich die Betroffenen zu dick und ergreifen extreme Maßnahmen zur Gewichtsreduktion. Sie essen nahezu nichts mehr oder erbrechen nach sogenannten Essanfällen willentlich, um ihr Körpergewicht zu reduzieren. Diese drastische Gewichtsreduktion beziehungsweise die fehlenden Nährstoffe können diverse körperliche sowie psychische Erkrankungen zur Folge haben.
F50.0 Anorexia nervosa
Die Anorexia nervosa wird auch Magersucht genannt. Magersüchtige fühlen sich selbst zu dick. Daher ergreifen sie in der Regel extreme Maßnahmen, um Gewicht abzunehmen. Durch Hungern, Verzicht auf ihrer Meinung nach „dickmachende“ Lebensmittel oder Mahlzeiten, extrem viel Sport oder die Einnahme von Medikamenten versuchen die an Magersucht erkrankten Menschen ihr Gewicht immer weiter zu reduzieren. Sie leiden an starkem Untergewicht (Body-Mass-Index < 17,5 kg/m², als Normalgewicht gilt ein BMI zwischen 18,5 und 24,99 kg/m²), nehmen ihren Körper aber weiterhin als zu dick wahr. Magersüchtige haben eine gestörte Körperwahrnehmung, leiden unter panischer Angst zuzunehmen. Das Untergewicht und der Nährstoffmangel haben bei Magersucht Folgen für den gesamten Organismus:
Störungen des Blutsalz-Haushaltes (Elektrolyt-Haushaltes) können Herzrhythmusstörungen verursachen. Lies mehr zu Ursachen und Behandlung von Herzrhythmusstörungen. Mangelerscheinungen wie Knochenschwund (Osteoporose) können ebenso wie eine niedrige Körpertemperatur (Hypothermie), ein niedriger Blutdruck (Hypotonie), Haarverlust oder Störungen des Hormon-Haushaltes auftreten. Bei Mädchen bleibt zum Beispiel die Menstruation aus. Generell steigt der Spiegel an Stresshormonen, die Schilddrüse reduziert ihre Funktion auf ein Minimum und der Körper schaltet „in den Sparmodus“. Es werden zu wenige Blutzellen gebildet.
Neben den körperlichen Folgen hat die Erkrankung auch Auswirkungen auf das Gehirn und die Psyche. Das Gehirn kann sozusagen schrumpfen und Störungen des Gedächtnisses und der Konzentration hervorrufen. Ebenso können psychische Erkrankungen wie Zwangsstörungen (siehe F42), Angststörungen (F40, F41) oder Depressionen auftreten. Nicht selten kann die Magersucht durch die extreme Unterernährung (Kachexie) oder die psychische Erkrankung im Sinne eines Selbstmordes (Suizids) auch tödlich verlaufen.
F50.00 Anorexia nervosa, restriktiver Typ
Inkl.: Anorexia nervosa, ohne Maßnahmen zur Gewichtsreduktion
Was eine Anorexia nervosa ist, findest du unter F50.0. Restriktiv bedeutet soviel wie einschränkend. Der restriktive Typ der Magersucht ist dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen die Gewichtsabnahme durch eine strikte Kontrolle der Nahrungs- oder Kalorienzufuhr bezwecken. Um abzunehmen, reduzieren die betroffenen Personen ihre Nahrungsaufnahme so sehr, dass ihr Körpergewicht fällt. Dabei achten sie genau darauf, welche Lebensmittel sie zu sich nehmen, wiegen ihr Essen gegebenenfalls ab oder essen kaum etwas. Sie hungern sozusagen.
F50.01 Anorexia nervosa, aktiver Typ
Inkl.: Anorexia nervosa, mit Maßnahmen zur Gewichtsreduktion: Unter F50.0 findest du eine Erklärung, was sich hinter dem Begriff Anorexia nervosa verbirgt.
Anorexia nervosa, bulimischer Typ: Die bulimische Form der Magersucht ist durch selbst herbeigeführtes Erbrechen gekennzeichnet. Die Erkrankten erbrechen ihre Mahlzeiten, um einer Gewichtszunahme entgegen zu wirken. Durch das ständige Erbrechen können neben extremem Nährstoffmangel auch Störungen des Blutsalz-Haushaltes (Elektrolyt-Haushaltes) auftreten. Beim Erbrechen geht dem Körper Magensäure verloren. Magensäure besteht aus Wasserstoff und Chlorid. Durch den Magensäureverlust kann sich das Blutsalz-Gleichgewicht also verschieben. Weitere Folgen des Erbrechens können Karies, Entzündungen des Magens (K29) oder Entzündungen der Speiseröhre (Ösophagitis) sein. Erfahre mehr zu Ursachen und Hilfe bei Magenschleimhautentzündung.
Beim aktiven Typ der Magersucht bedienen sich die Magersüchtigen weiterer Maßnahmen, um eine Gewichtsreduktion zu erzielen. Im Gegensatz zum restriktiven Typ (F50.00) werden beispielweise Medikamente wie Schilddrüsen-Hormone, Abführmittel (Laxantien), harntreibende Mittel oder Appetitzügler (missbräuchlich) eingenommen, um die Gewichtsabnahme zu beschleunigen.
Schilddrüsen-Hormone bewirken einen verstärkten Stoffwechsel, eine höhere Aktivität und Körpertemperatur, was neben der Auslösung zahlreicher unerwünschter Nebenwirkungen auch zu einer vermehrten Fett-Verbrennung führen kann. Eine andere Form die Gewichtsabnahme zu verstärken ist es, exzessiv Sport zu treiben oder nach dem Essen das Gegessene zu erbrechen.
F50.08 Sonstige und nicht näher bezeichnete Anorexia nervosa
Inkl.: Anorexia nervosa o. n. A.
Unter F50.08 kann eine Magersucht-Erkrankung klassifiziert werden, die nicht unter F50.0 bis F50.01 eingeordnet wird.
F50.1 Atypische Anorexia nervosa
Anorexia nervosa ist der medizinische Fachausdruck für Magersucht. Unter F50.0 findest du Erklärungen zum Krankheitsbild.
Als atypische Anorexia nervosa wird eine Erkrankung bezeichnet, die nicht alle typischen Diagnosekriterien der Magersucht erfüllt, aber der Magersucht sehr ähnelt bzw. sich in eine Magersucht entwickeln kann. Leidet jemand zum Beispiel unter extremer Angst dick zu werden, nimmt sich selbst als zu dick wahr, hat ein krankhaft gestörtes Essverhalten, hat aber laut Definition noch kein Untergewicht oder keine Folgeerscheinungen wie Störungen im Hormon-Haushaltes, liegen formal die Diagnosekriterien einer Magersucht nicht vor. Es könnte aber eine atypische Anorexia nervosa vorliegen. Diese Erkrankung kann dann unter F50.1 eingeordnet werden.
F50.2 Bulimia nervosa
Inkl.: Bulimie o. n. A.
Hyperorexia nervosa: Hyperorexia nervosa ist eine andere Bezeichnung für die Bulimia nervosa.
Die Bulimia nervosa wird auch Bulimie oder Ess-Brechsucht genannt. Ähnlich der Anorexia nervosa (F50.0) leiden betroffene Personen unter dem Gefühl zu dick zu sein und haben eine verzerrte Selbstwahrnehmung. Sie nehmen ihren Körper als zu dick wahr und haben Angst zuzunehmen. Im Mittelpunkt des Denkens von Bulimikern steht die Kontrolle ihres eigenen Körpergewichts sowie die Sorge um ihre Körperform.
Bei der Bulimia nervosa verspüren die Betroffenen häufig ein ununterbrochenes Verlangen nach Nahrungsmitteln, das in wiederholte Heißhunger-Attacken und Ess-Anfälle gipfelt. Aus Angst an Gewicht zuzunehmen, ergreifen die Betroffenen Gegenmaßnahmen. Klassischerweise folgt den Ess-Anfällen selbst herbeigeführtes Erbrechen.
Andere Gegenmaßnahmen können Hungerperioden, exzessiver Sport oder der Gebrauch von Medikamenten wie beispielsweise Abführmitteln sein.
Bulimie-Erkrankte sind im Gegensatz zu Magersüchtigen aber nicht zwingend untergewichtig. Sie können auch normal- oder übergewichtig sein.
Folge des häufigen Erbrechens können Entzündungen des Magens sein, siehe auch Gastritis und K29. Ebenso Entzündungen der Speiseröhre (Ösophagitis) sowie Karies oder trockene Haut und brüchige Nägel. Durch den Verlust von Magensäure beim Erbrechen kann das Gleichgewicht der Blutsalze (Elektrolyte) gestört werden. Mangelerscheinungen bis hin zu Herzrhythmusstörungen können die Folge sein. Lies mehr zu Ursachen und Behandlung von Herzrhythmusstörungen.
F50.3 Atypische Bulimia nervosa
Unter F50.2 kannst du erfahren, was eine Bulimia nervosa ist.
Eine atypische Bulimia nervosa ist eine Erkrankung, die die Diagnosekriterien der Bulimie nicht erfüllt, der Ess-Brechsucht jedoch stark ähnelt beziehungsweise in sie übergehen kann. Treten beispielsweise wiederholte Essanfälle und Brech-Attacken auf, ohne dass allerdings das typisch verzerrte Selbstbild oder die ständige Sorge um das Körpergewicht besteht, könnte eine atypische Bulima nervosa vorliegen und die Erkrankung unter F50.3 klassifiziert werden.
F50.4 Essattacken bei anderen psychischen Störungen
Inkl.: Psychogene Essattacken: Psychogen bedeutet so viel wie durch die Psyche bedingt oder verursacht.
Exkl.: Übergewicht E66
Treten Essattacken nicht im Rahmen einer Ess-Brechsucht (F50.2), sondern beispielsweise als Reaktion auf belastende Situationen, traumatische Ereignisse oder andere psychische Belastungen auf, kann die Störung hier klassifiziert werden.
F50.5 Erbrechen bei anderen psychischen Störungen
Inkl.: Psychogenes Erbrechen: Psychogenes Erbrechen wird durch psychische Erkrankungen oder Belastungen ausgelöst.
Exkl.: Erbrechen o. n. A. R11
Übelkeit R11
Erbrechen kann infolge vieler körperlicher und psychischer Erkrankungen auftreten. Ein Beispiel ist das Erbrechen im Rahmen von dissoziativen Störungen. Was dissoziative Störungen sind, kannst du unter F44 nachlesen.
F50.8 Sonstige Essstörungen
Allgemeine Informationen zu Essstörungen findest du unter F50.
Inkl.: Pica bei Erwachsenen: Pica ist eine Essstörung, bei der Betroffene ungenießbare, nicht zum Verzehr geeignete Dinge wie beispielsweise Lehm oder Sand essen.
Psychogener Appetitverlust: Psychogen bedeutet durch die Psyche bedingt.
Exkl.: Pica im Kindesalter F98.3
F50.9 Essstörung, nicht näher bezeichnet
Eine Erklärung zum Thema Essstörungen kannst du unter F50 nachlesen.